6. Amed auf Bali – Tauchen und mehr

Amed und Oli waren das nächste Ziel. Mein Tauchfreund hat eine Base in Bali eröffnet und sein Nomadenleben aufgegeben. Er ist sesshaft geworden. Das muss ich mir anschauen und ihm mit ner dicken Umarmung gratulieren.

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Also rein ins Taxi und quer über die Insel in den Norden. Vorbei an malerischen Reisterrassen und Tempeln, Bauernmärkten und Hunden. Der Duft von Frangipani kitzelte meine Nase während ich mich im Abenteuer wohl fühlte. Die Scooter und Autos um mich herum störten mich kaum und auch die Geräusche blendete ich einfach aus. So groß war die Vorfreude.

Endlich meinen guten Freund wiedersehen und ratschen, tauchen, zusammen essen und ganz viel feiern. Das klang für mich nach einem fantastischen Plan.

Totmüde und Stunden später kam ich endlich in Amed an. Ich fand das Restaurant und mein kleines Hotel. Alles war entspannt und wundervoll und so viel ich mitten am Tag totmüde ins Bett.

Zum Abendessen tauchte ich langsam wieder auf und fühlte mich ein wenig lebendiger. Ich freute mich auf Oliver der endlich vom Tauchen zurück war, auf seine Freundin die junge Künstlerin und hübscheste Balinesin die ich kenne. Dann bekam ich noch zwei Gratisgäste dazu. Zwei Tauchlehrer haben einen kleinen Ausflug von den Malediven gewagt da es dort auf Dauer zu alkoholfrei war. Na ja, da sind sie bei Oli an der perfekten Adresse. Hier gibt es Wisky, Bier und Wisky in abwechselnder Kombi.

Wir redeten über Freunde und die letzten Jahre, über Kunst und Bali, über Langeweile und noch mehr Langeweile. Kann man sich vorstellen, dass ein für mich wundervoller Platz für Olis Freundin so langweilig ist. Jeder findet Heimat in anderen Bereichen. Sie braucht Freunde und Party, feiern und noch mehr Freunde. Das Meer kennt sie seit sie auf der Welt ist und damit ist der tollste Strand langweilig und uninteressant.MU8A3804

Gegen Abend kam das Gespräch aufs Tauchen. Oli wollte mich mitnehmen und mir abenteuerliche Tauchseiten zeigen. Das war der Grund aus dem ich gekommen bin und nun hatte ich Angst. Ich erstarrte innerlich und mein Herz begann zu rasen. Ich wurde immer aufgeregter und die Panik überflutete mich völlig unangekündigt.

Alte Erinnerungen kamen hoch und wollten nicht gehen.

Oli und ich lernten uns vor vielen Jahren auf einem Tauchboot in Komodo kennen. Ja, das Komodo mit den Waranen. Es gibt dutzende Inseln und zwischendrin die tollsten Tauchplätze dieser Welt. Ich war blutige Anfängerin und sprang in eines der tollsten aber auch gefährlichsten Tauchgebiete der Welt.

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Haie umkreisten und und Muränen kamen aus ihren Höhlen. Ungekannte Inseln wollten von uns erkundet werden und die knapp gezeichneten Karten waren unsere einzige Hilfe.

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Ich hatte vorher meinen 8. Tauchgang geschafft und sprang in ein Paradies mit ICE Tempo.

Die Strömungen überwältigten mich und es war oft kaum möglich auf der Stelle zu bleiben. Wenn wir mal in der Tiefe den Haien zuschauen wollten, hielten wir uns an Sticks fest oder flatterten an Bändern wie ein Fähnchen in der Strömung.

Wir sahen die tollsten Schildkröten, Mantas und die buntesten Fische und Korallen die ich je erleben sollte. Manche Bilder waren so surreal, dass wir dachten wir träumen.

Oft war das Wasser so klar und die Welt so bunt, dass wir vergaßen zu atmen.

Die Sonnenuntergänge auf dem Boot, das Essen und die tollen Menschen um uns machten den Traum komplett.

So schwankten wir zwischen absoluter Begeisterung und gefährlicher Anspannung in der Strömung. Batu Bulong wurde eine meiner Lieblingstauchplätze und ich genoß das Unterwasseraquarium und vergaß mehr und mehr die Strömung.

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Bis zu dem einen Tag an dem sich Alles veränderte… Ich wollte nicht tauchen. Ich wollte nicht ins Meer und war irgendwie innerlich unleidig. Wir wollten um eine Insel tauche. Eigentlich nichts Besonderes außer, dass man die Kurve am Ende der Insel sehr eng nehmen sollte um nicht abzutreiben.

So die Theorie.

Die Praxis und ich sind oft anderer Meinung. Ich ließ mich überreden, tauchte mit meinen Jungs, verpasste die Kurve und kam in die krasseste Strömung die ich je erlebte.

Ich paddelte wie irre um zu meinen Freunden zurückzukommen aber hatte keine Chance. Sie wurden immer kleiner.

Zum Glück machte sich einer der Tauchfreunde mit auf meinen Weg und begleitete mich mit seiner Erfahrung. Atmen und immer atmen, ihm in die Augen schauen und hoch und runter paddeln damit uns die Strömung nicht zu arg in der Höhe verändert.

Ich atmete wie eine Dampflok und versuchte doch ruhig zu bleiben.

Gefühlt verging so eine Ewigkeit und wir trieben 3 km aufs weite Meer hinaus. Unter uns war nur noch tiefstes Blau. Irgendwo über uns war der Himmel aber wir konnten nur ganz langsam nach oben. Zu langsam für meinen Geschmack.

Irgendwann nach vielen Momenten und kurz bevor meine Luft aufgebraucht war, erreichten wir endlich die Oberfläche.

Unter uns war tiefstes Meer, so dunkel wie ich es noch nie gesehen hatte.

Unser Boot war km weit weg – einer kleiner Punkt am Himmel.

Mir war nach weinen, verzweifeln oder wüten aber ich hatte keine Kraft mehr.

Langsam setzte sich das Boot in Bewegung und nach Ewigkeiten sammelten sie uns ein.

Ich war fassungslos und entsetzt wie nach ich einer Katastrophe war und schwor mir nie mehr zu tauchen.

Abends auf dem Boot schwor Oli mir Alles, dass dies normalerweise sehr selten passiert und ich mir keine Sorgen machen soll.

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Einfach am nächsten Tag wieder ins Wasser und next try.

Das ist leichter gesagt als getan. Die Nacht war der Horror schlecht hin. Ich durchlebte das Abenteuer wieder und wieder und starb und überlebte abwechselnd und aus unterschiedlichen Gründen.

Am nächsten Morgen fühlte ich mich tot und tauchuntauglich.

Oli überredete mich trotzdem es noch einmal zu versuchen. Diesmal war eine andere Insel dran und die Strömung war dort nicht so arg.

Gesagt und getan sprangen wir in die Fluten, tauchten an einer der wunderschönsten Plätze, kamen an die letzte Kurve und wurden alle abgetrieben.

Ich hielt die Luft an und dachte an die Träume der letzten Nacht. Der ironische Teil in mir fing an zu lachen und der Rest blieb einfach in Schockstarre und schaute zu.

Zu viert schwammen wir mit der Strömung und gegen die Strömung und kamen ganz langsam nach oben.

Die Luft reichte wieder knapp und wir kamen 2-3 km von der Insel entfernt nach oben.

Ein Dejav,u so ungefragt und überraschend, dass ich fassungslos ins tiefe Blau schaute. Das Boot war ein Punkt in der Ferne und die anderen Taucher kaum zu sehen.

Ich versuchte zu atmen und mich zu entspannen. Die Zeit zu strecken oder zu kombinieren erschien mir das Einzige was ich jetzt tun konnte.

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All diese Erinnerungen kamen in Bali wieder hoch. Sie wanderten ungefragt in meinen Kopf und stellten mit meinem Bauchgefühl ein Chaos an. Alles was ich wollte war schlafen und ausruhen und hoffen, dass Alles gut wird.

Tauchen war ein Traum für den ich bis Bali geflogen bin und nun das.

Oli versuchte mich aufzumuntern, zu überreden, mich unter Druck zu setzen es doch zu versuchen aber Morgen über Morgen hatte er keine Chance.

Ich verbrachte meine Tage mit stundenlangen Spaziergängen und Gesprächen mit Einheimischen. Ich atmete und fand langsam meine innere Ruhe wieder.

Ich schaute mir den Strand an und ging erst mal schnorcheln, fuhr mit dem Motorroller am Meer entlang und genoss einen Strand nach dem Anderen.

Ich fand meinen Frieden wieder und wurde ruhiger und immer ruhiger.

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Nach einigen Tagen hatte mich mein Mut wiedergefunden und die Erinnerungen waren ein Teil meiner Geschichte.

Nach einem weiteren grandiosen Essen mit Oli und einem gefeierten Abend entschlossen wir uns morgen ein Wrack anzuschauen.

Ich ging zu Bett und träumte zum erstem Mal seit Tagen wieder schöne Dinge von Fischen und blauem Meer zum reinhüpfen.

Am nächsten Morgen erwartete uns ein zauberhaftes Frühstück. Pfannkuchen stärkten mich für den Tag und Smothies sorgten für die gesunden Vitamine drum rum.

Ich atmete und blieb in meiner Ruhe und Gelassenheit.

Die Tour mit dem Auto zum Tauchplatz genoss ich in vollen Zügen. Wir lachten, machten Quatsch und erzählten lustige Geschichten über alte Zeiten.

Oli kaufte eine neue Sonnenbrille, seine Freundin passte nicht mehr in den Taucheranzug oder doch? Ich schaute mir in aller Ruhe meine Sachen an und kam wieder in ein glückliches Tauchgefühl

Das Lachen war mir im Gesicht gemeißelt und auf gings zum ersten Wrack meines Lebens. Ab in die Tiefe und wild mit den Flossen geschlagen. Ich wollte gucken und Oli eher so eine Art Wettrennen gestalten ob wir es bis ans Schiffsende schaffen. Aber die Fischis??? Ich trödelte vor mich hin und schaute den Doktoren und Nemos, den Aalen und Schlangen, den Schildkröten und Korallen zu. Irgendwann fiel mir endlich auf, dass wir ja ein Schiff besichtigten. Und da war es wieder – dieses glücklich sinnlose Taucherlachen was so schnell die Brille flutet und dieses zweite Lachen darüber, dass ich nicht aufhören kann. Wann werde ich es lernen?

Tulamben – so heißt der Wracktauchplatz in Bali – wird mir auf jeden Fall in schöner und vor allem entspannter Erinnerung bleiben.

Wieder oben war ich einige Euro ärmer aber mal wieder mit dem Tauchflashglück im Bauch gesegnet. Jubel ist ein inside Job.

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Wir fuhren wieder zurück um den Abend gemeinsam mit Olis Koch in der Küche zu verbringen. Viel helfen geht zwar nicht – das wäre gegen die Ehre des Gastes aber ein wenig zuschauen und den Fisch mit einwickeln ist immer möglich. Neugierde zieht da ganz gewaltig.

Es gab Banana Fishfilet mit der typisch balinesch scharfen Soße eingelegt. Es wurde ein Traum. Die Bananenblätter lagen im Grill und verbrieteten langsam aber immer gewaltiger den Kokosnuss- und Gewürzduft.

Wir schlugen uns derweil die Zeit mit dem einen oder anderen Bintang rum. Bintang Bier mit Eis und einer dicken Scheibe Limone ist das beste Bier für mich. Ich hoffe alle Bayern haben das gechillt und entspannt überlesen ohne jetzt das Buch zu verbrennen.

Jeder hat so seine kleinen Sünden, nicht wahr? Dies ist meine…

Gefühlte Stunden später tafelte Oli auf: es gab gefüllte Bananenblätter, Pancakes, Reis, Huhn, Gemüse in einer Kokossoße gekocht, anderes Gemüse gedünstet. Von beiden Sorten hatte ich noch nie gehört, geschweige denn sie geschmeckt.

Obst rundete die Tafel ab und mundete zwischendrin und danach. Wir badeten in Ananas und Papaya, Melone und Mango. Es war ein Fest.

Nach einem so genüsslichen Abend fiel ich totmüde ins Bett. Im Schlaf wackelte mal wieder leicht die Erde als der Vulkan sich ein wenig entspannte aber sonst war es eine perfekte sternenklare traumschönwarme Nacht.

Morgens weckte mich das Gerenne von Oliver und mir fiel siedendheiß ein, dass mich nach dem Frühstück das Taxi zum Boot holt. Es ist mein letzter Morgen.

Schon wieder verabschieden. Das ist so schön Freunde nach Jahren wieder zu sehen aber man vergisst immer wieder diesen letzten Moment. Wann werde ich wieder in Bali sein? Wird es ein nächstes Mal geben? Wenn man so viel reist wie ich, dann gibt es viele liebe Menschen die Spuren im Herzen hinterlassen und die man am liebsten für immer dabei hätte aber nur Wenige kann man immer und immer wieder sehen.

Also ein letztes Frühstück, einen letzten Balicafe mit Oli. Er ist noch nie ein Riese im Verabschieden gewesen also tut er so als ginge ich nur auf nen Tagesausflug und er auch. „Stell Dich nicht so an, Du bist doch eh bald wieder da“ So klangen die letzten Worte in meinem Ohr als er mit seinen Kunden Richtung Tauchplatz verschwand.

Mal schauen ob er Recht behalten wird.

Ich packte meine sieben Sachen, umarmte alle lieben Kollegen und Freunde von Oli und machte mich weiter auf die Reise.

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